Auf dem Foto sind Wiesen und Bäume in der Dämmerung zu sehen. Auch Nebel ist zu sehen. | © Daniel Hobelsberger

Rauhnächte - Die stillste Zeit im Jahr

Die 12 Tage und Nächte, vom 25. Dezember bis zum 5. Jänner, gelten traditionell als „Zeit zwischen den Jahren“ und als die stillste Zeit im Jahr.

Im Einklang mit der Natur zu leben, bedeutete früher gewisse Feste im Rhythmus der Jahreszeiten zu feiern. Als es noch kein Datum und keine Uhren gab, orientierten sich die Menschen am Vegetationszyklus der Natur und markierten das Jahr, um es zu gliedern, mit den „Jahreskreisfesten“. Viele der damit einhergehenden Bräuche gerieten im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Manches jedoch hat überdauert und erfreut sich heute wachsendem Interesse – wie die Raunächte. Die 12 Tage und Nächte, vom 25. Dezember bis zum 5. Jänner, gelten traditionell als „Zeit zwischen den Jahren“ und als die stillste Zeit im Jahr. Noch heute verspüren manche in den Tagen nach Heiligabend das Gefühl, als ob die Zeit still stünde.

Wie wichtig sind Bräuche heute?

Wiederkehrende Bräuche, Feste und Rituale (aus dem sanskrit =„Ordnung“) haben ihren Ursprung vor vielen Tausend Jahren. Sie entstehen innerhalb einer Gruppe von Menschen in einer Region oder einem Kulturkreis und stellen wichtige wiederkehrende soziale Handlungen dar. Meist galten sie als Ausdruck des Dankes und der Achtung gegenüber dem Leben und der Natur. Sie spendeten Kraft und sorgten für Gemeinschaft. Heute haben wir uns von vielen dieser naturverbundenen Traditionen entfernt. Im Klassiker „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry sagt es der Fuchs so: „Es muss feste Bräuche geben“.

Wer übrigens meint, er kenne keinen einzigen Raunachtsbrauch, irrt. Denn Böller- und Raketenschießen zu Silvester ist einer davon. Es diente früher dem Davonjagen der Wintergeister. Die Weihnachtszeit ist bis heute voll von solchen Traditionen, deren Ursprung sich in den alten Raunächten der Kelten und Germanen findet. Mancherorts bekannt ist noch, dass man rund um Silvester die Wäsche nicht waschen und aufhängen sollte. Früher fürchtete man, dass sich böse Geister darin verfangen könnten. Ein weiterer Raunachtsbrauch der im Vergleich dazu viel besinnlicher ist, ist das Räuchern.

Schon früh erkannten Menschen, dass der Rauch, der beim Verglühen von bestimmten Pflanzen entsteht, ganz bestimmte Wirkungen entfaltet. In unserer hektischen, schnelllebigen Zeit können derartige Rituale helfen, den Lärm der Welt zu vergessen. Denn wenn wir uns auf die ursprüngliche Naturverbundenheit rückbesinnen und den Takt der Natur spüren, kann uns das ruhiger werden lassen. Und gerade die Raunächte galten früher als Zeit des Innehaltens, der Andacht und des Rückzugs.

Der Ursprung der Raunächte und ihre Bedeutung

Zur Zeit des Jahreswechsels war die Ernte eingefahren, die Samen ruhten tief in der Erde. Altes aus dem Jahr sollte nun ruhen und Neues entstehen können. Es wurde vermieden zu arbeiten und viel Brauchtum konnte sich entwickeln. Es war nun Zeit für Dinge die sonst keinen Platz fanden - es wurde gebetet, meditiert und geräuchert. An allen zwölf Tagen. Und in dem Wissen, dass nach der Wintersonnwende am 21. Dezember die Tage wieder länger werden, wurde in den Raunächten auch der Sieg des Lichts über die Dunkelheit gefeiert.

Die Raunächte blicken also auf eine sehr, sehr lange Tradition zurück und wurden zu einem festen Bestandteil mittel- und nordeuropäischer Bräuche. Mit der Christianisierung wurden die Raunächte zu den „12 heiligen Nächten“ zwischen Heiligabend und dem Heiligen Drei Königstag. Noch heute gibt es unterschiedliche Termine für den Beginn: Für manche ist es die Wintersonnwende am 21. Dezember. Im ländlichen Alpenraum aber weitaus verbreiteter, markiert die Nacht auf den 25. Dezember den Anfang dieser „heiligen“ Zeit. Die Raunächte schließen übrigens auch die Tage mit ein, was aus dem keltischen Jahreskreis zurückgeführt wird. Denn dort wurden die Tage des Jahres, in denen es länger dunkel als hell ist (21. September bis 20. März), immer als „Nächte“ bezeichnet. Also auch jene Zeit des Tages in der es hell ist.

Woher stammt der Begriff der Raunächte?

Auch als „Rauchnächte“ bekannt, bezieht sich der Begriff zum einen auf die große Bedeutung des Räucherns in dieser Zeit. Abgeleitet wird das aus dem mittelhochdeutschen „rouchnahten“ und „rouch“ = räuchern. Der aufsteigende Rauch, als Verbindung zwischen Erde und Himmel, galt schon vor Jahrtausenden als heilig. Räucherungen wurden genutzt um Botschaften und Bitten an die Götter und Ahnen zu senden. Man erbat Glück und Gesundheit und hoffte Krankheit und Leid fernhalten zu können. Erstmals überliefert ist das Räuchern übrigens bei den Kelten. Kultstätten weisen darauf hin, dass sie bereits vor über 5000 Jahren räucherten.

Zum anderen leitet sich der Begriff „Raunächte“ von den kalten und insgesamt sehr „rauen“ Nächten, die zur Jahreswende herrschen, ab. „Ruch“ aus dem mittelhochdeutschen, bedeutet weiters „wild“, „pelzig“, „haarig“ und ist mit dem heute noch im Alpenraum bekannten Brauch der Perchtenläufe verbunden. Verkleidet mit Masken, Fellen und Glocken ziehen die Perchten durch die Dörfer um die bösen Wintergeister zu vertreiben. Ein weiterer Raunachtsbrauch der bis heute überdauert hat.

Räuchern in den Raunächten damals und heute

Bis in unsere heutigen Tage hat sich der Brauch des Räucherns in der Zeit zwischen den Jahren erhalten und wird ursprünglich in allen zwölf Raunächten zelebriert. In manchen Regionen hat sich eingebürgert nur an bestimmten Tagen wie z.B. an Heiligabend, Silvester und Heilig Drei König zu räuchern.

Früher entnahm man für die Räucherung heiße Glut aus dem Küchenofen, füllte diese in eine Pfanne und legte das Räucherwerk darauf. Während des Verglühens der Kräuter und Harze schritt man andächtig durch Haus, Hof und Stall und verbreitete überall den „heiligen“ Rauch. Jeder Tag der Raunächte stand dabei für einen Monat des kommenden Jahres und wurde mit eigenem Thema und geeignetem Räucherwerk versehen.

Geeignetes Räucherwerk für die Raunächte

Früher nutzten die Menschen Blüten, Blätter, Samen, Rinden, Harze und Moose heimischer Pflanzen. Zur Zeit der Kelten waren das hauptsächlich Alantwurzel, Beifuß, Engelwurz, Fichten- und Kiefernharz, Mädesüß, Rosmarin, Salbei, Thymian und Wacholder. Später, mit der Verbreitung des Christentums, kam exotischeres Räucherwerk wie Myrrhe und Weihrauch dazu. Allesamt wunderbare Zutaten für Räucherungen in den Raunächten. Auch getrocknete Orangen- und Mandarinenschalen, Zimtstangen, Gewürznelken, Kardamom, Fichten- und Tannennadeln, Kamille, Rose, Lavendel, Linden- und Holunderblüten und vieles mehr eignet sich für feine Räucherungen.

Wichtig ist, dass die Pflanzenteile gut getrocknet sind. Sie können einzeln verräuchert oder gemischt werden. Mithilfe eines Mörsers werden die Pflanzenteile zuerst etwas zerkleinert und aufgebrochen, sodass sich während der Räucherung die Aromen besser entfalten können.

Räucherritual in den Raunächten

Es gibt keine Anleitung für die „perfekte“ Räucherung. Man kann sich aber an den alten Traditionen orientieren und mit dem Räuchern dazu beitragen, dass man nach Weihnachten zu mehr Ruhe und Ausgeglichenheit findet. Um das Räuchern in den Raunächten voll und ganz genießen zu können, helfen diese Tipps zur Einstimmung:

  • Zeit nehmen und elektrische Geräte wie Handy, Fernseher ausschalten
  • einen festen, gemütlichen Platz (alleine oder mit der Familie) aussuchen
  • benötigte Utensilien wie Räucherschale oder Stövchen und Räucherwerk vorbereiten
  • Licht dimmen, Kerzen anzünden
  • innerlich zur Ruhe zu kommen, eventuell mit ein paar tiefen und bewussten Atemzügen

Dann kann mit der Räucherung begonnen werden. Dazu gibt es nun mehrere Möglichkeiten:

  • In der Schale räuchern: Eine feuerfeste Schale wird mit Sand befüllt, in der Mitte ein Stück Räucherkohle platziert und angezündet. Ist die Kohle verglüht wird zuerst eine Schicht Harz (z.B. Weihrauch) und darauf 1TL Räucherwerk (Kräuter, Gewürze) gelegt. Durch die Hitze werden die Aromen frei und Pflanzenrauch entsteht. Mit der Schale geht man nun achtsam durch alle Räume. Beginnend bei der Eingangstüre werden alle Winkel, auch Terrasse und Garten bedacht und mit dem reinigenden Rauch erfüllt. Es darf jederzeit Räucherwerk nachgelegt werden. Während des Rituals können Gedanken und Wünsche für das kommende Jahr formuliert und beobachtet werden, wie negative, aufgestaute Energien den Raum verlassen. Nach dem Räuchern ist es wichtig, alle Fenster und Türen weit zu öffnen, damit Altes entweichen und sich frische Luft ausbreiten kann.
  • Eine etwas sanftere Methode ist das Räuchern mit Stövchen. Dabei verglüht das Räucherwerk nicht direkt und bildet weniger Rauch. 1 TL Räucherwerk wird auf das Sieb des Stövchens gelegt und die wunderbaren Pflanzenaromen, durch die Wärme des darunter befindlichen Teelichts, ganz sanft freigesetzt. Das Stövchen kann an einem festen Platz in der Wohnung positioniert und über mehrere Stunden genutzt werden.
  • Weiters kann auch mit Räucherbüscheln geräuchert werden. Dazu werden frische Kräuter wie z.B. Salbei, Beifuß, Königskerze, Schafgarbe etc. mit einem Garn zu Büscheln gebunden und getrocknet. Sind die Räucherbüschel trocken, werden diese entzunden und verräuchert.

Hier kannst du nachlesen, welche weiteren selbstgemachten Räuchermischungen es gibt.